Sekundarschule in Sauland, Norwegen

Sekundarschule in Sauland, Norwegen

Sekundarschule in Sauland, Norwegen

Sekundarschule in Sauland, Norwegen

Jahr2018
ProjektartSchule
KundeHjartdal Kommune
GrösseNutzfläche 1.690 m²
OrtSaulandsvegen 543, NO–3692 Sauland
KostenEUR 8.100.000,–
ProjektteamAnna Popelka, Georg Poduschka, Paul Fürst, Florian Bartelsen, Leonie Maier, Mathias Lefebvre, Arjan van Toorenburg
ZusammenarbeitHelen&Hard
BeschreibungÖsterreichisch-internationale Schulbau-Expertise und skandinavische Holzbau-Expertise gingen hier eine erfolgreiche Fusion ein. Freies Lernen und projektorientierter Unterricht stehen dabei im Vordergrund.

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Rund 30 Schulprojekte haben PPAG in den letzten zehn Jahren erarbeitet. Wir haben uns zu Experten in Sachen Bildungsbauten entwickelt, und das über Österreich hinaus. 2018 stellten wir in der programmatischen Ausstellung „Von der Neuen Schule“ in der Architekturgalerie Berlin den Stand unserer Forschung an der Schnittstelle von Architektur und Pädagogik vor, und im März 2019 gewannen wir mit einem verfeinerten Cluster-Modell den Wettbewerb für den Neubau der Sekundarschule an der Allee der Kosmonauten in Berlin-Lichtenberg. Mehr zur Ausstellung “Von der Neuen Schule” hier. Mehr zum Projekt “Allee der Kosmonauten” hier.

Sauland: Ein Dorf, eine Schule Eine kleine Gemeinde in der Region Telemark, im Süden Norwegens. Eine alte sanierungsbedürftige Schule mit althergebrachter Typologie: Flure, Klassenzimmer, Frontalunterricht. Anstatt diese Schule zu renovieren, entschied man sich in der Gemeinde Sauland für einen Neubau, der den Anforderungen des 21.Jahrhunderts entspricht. Freies Lernen und projektorientierter Unterricht stehen dabei im Vordergrund, Frontalunterricht wird auf das sinnvolle Maß beschränkt. Es war für das Dorf das größte Neubauprojekt seit 20 Jahren. Ein Bewerbungsverfahren brachte ein Siegerprojekt hervor, das in Kooperation mit den norwegischen Architekten Helen & Hard entstand. Österreichisch-internationale Schulbau-Expertise und skandinavische Holzbau-Expertise gingen hier eine erfolgreiche Fusion ein. Dabei wurde keineswegs ein Standardentwurf einfach kopiert, sondern eine von uns über Jahre entwickelte Raumstruktur mit dem Cluster-System kombiniert: Ein polygonaler zentraler Raum, um den kleinere Räume quasi rotieren ­- eine geometrische, räumliche, soziokulturelle und ökonomische Antwort für die Clusterschule.

Cluster lernen: Wie das Dorf zur Schule kam Der Ort und die Architektur kamen schnell und unkompliziert zusammen. „Wir haben nur einmal das Konzept der Clusterschule vor der versammelten Gemeinde erklärt, und die damalige Direktorin sagte: Genau das wollen wir. Das Ungewöhnliche: Alle Lehrer*innen starteten unmittelbar in den neuen Räumen, ohne gesonderte Einschulung in das neue Raumkonzept. Jenes erwies sich als so selbstverständlich, dass der Wechsel ins 21.Jahrhundert kein Problem war. Die überschaubare, dörfliche Größe des Schulbaus erleichterte diese Vertrautheit zusätzlich. Das Haus strahlt ein Nutzungspotential aus, an dem niemand vorbeikommt. Ungewöhnlich dabei: Das bewährte Cluster-Modell wurde hier so angewandt, dass quasi die ganze Schule ein einziger Cluster ist, inklusive aller Fachräume. Ein räumliches Sinnbild für eine umfassende Bildung.

Die Struktur: Die Schule als Dorf Das Dorf Sauland und die umgebende hügelige Landschaft sind durch bäuerliche Gehöfte gekennzeichnet. Diese örtliche Typologie prägt auch den Charakter und die Identität der Schule. Die neue Sekundarschule tritt nicht als Sonderelement in Erscheinung, sondern als fast zufällig erscheinende Gruppierung von Häusern. Die Größe der zweigeschossig übereinanderliegenden Unterrichtsräume entspricht den Holzhäusern in der Umgebung. Die Begriffe Vorder- und Rückseite verlieren an Bedeutung, das Gebäude erscheint von jeder Richtung gleichwertig – freundlich, zugänglich, offen.

Die Materialien: Ein Haus zum Anfassen Der Großteil der Schule und die Sporthalle sind in CLT (Cross Laminated Timber)-Massivholzplatten-Bauweise ausgeführt. In den Innenräumen werden diese Elemente sichtbar belassen. Die hygroskopische Eigenschaft der Holzplatten reguliert die Luftfeuchtigkeit und erzeugt ein angenehmes Raumklima. Die atmosphärische Wirkung der Holzoberflächen regt die Kinder dazu an, das Gebäude anzufassen, auf Bauteilen zu sitzen oder zu arbeiten. Das Haus wird so ein Werkzeug der Pädagogik, eine Werkstatt der Sinne. Die schallintensiven Räume (Werkstattbereiche im EG und Musikproberäume im OG) sind in einem Betonkern untergebracht und durch die Sichtbetonoberfläche im Innenraum ablesbar. Die Fassade ist mit vertikalen Holzlatten verkleidet.

EG

OG 1

Die Bildungsräume: 100% Pädagogik Die zeitgemäße Pädagogik hat das Ziel die Bedürfnisse, Talente und Interessen jedes einzelnen Kindes zu fordern und zu fördern. Das alte System mit 50-minütigen Vorträgen in einer klassengroßen Gruppe erfüllt dieses Ziel nicht ansatzweise. Die passenden Unterrichtsmethoden – Freies Lernen und Projektunterricht – sind kleingruppenorientiert. Jede Gruppe bearbeitet eine maßgeschneiderte Aufgabe, die Pädagog*innen agieren als Betreuer, die Hilfestellung leisten.

Neue Pädagogik braucht andere Raumstrukturen, in denen jede Gruppe ihren passenden Platz findet, in der auch die oft alters- und klassenübergreifende Zusammenarbeit der Schüler*innen funktionieren kann. Der Raum vor der Klassen, ist nicht Pausenraum, sondern als zentrales Forum ganztags voll pädagogisch genutzte Fläche. Hier wird gelernt, gelesen, getratscht, während eine andere Kleingruppe im Klassenraum einen französischen Film schaut. Teile des Forums sind als Nischen für Kleinstgruppen ausgebildet und sogar mit Glastüre abtrennbar.

Das Forum, obwohl umgeben von den Klassenräumen, hat – dank rotationaler Anordnung – direkte Fenster nach außen, Ausblicke und Tageslicht. Auch die Bildungsräume beider Etagen haben unmittelbaren Zugang ins Freie. Das Konzept der Blickverbindungen setzt sich von außen nach innen fort: visuelle Verbindungen zwischen den Nutzungsbereichen stellen die Grundlage für einen offenen Unterricht dar. Es besteht in alle Richtungen der Blick nach außen, zum Schulhof und der umliegenden Landschaft, Fenster und Nischen ermöglichen den Blickkontakt zwischen den Unterrichts- und Gemeinschaftsräumen. Ein große, breite Treppe inmitten des Forums – der einzige Wunsch der Schule an die Architekten – wird ebenfalls pädagogisch genutzt. Sie ist ausgestattet mit Nischen, Fenstern und Regalfächern und dient der Schule auch als Ort für Generalversammlungen oder der Gemeinde als Versammlungsort.

Bilckachsen Die Fenster im Inneren und nach außen sind bewusst so gesetzt, dass sie immer einen bestimmten Ausschnitt zeigen: sei es die Landschaft oder ein Teil eines Klassenraums. Auch das Dach, die fünfte Fassade, wird perforiert und Licht in die Mitte des Gebäudes, das Forum, geleitet.

Kristallines Raumkonzept –  Die Bildungsräume ordnen sich  in einem additiven Muster, rund um eine gemeinschaftliche Lernlandschaft an

Foto (c) Anne Bråtveit

Die weiteren Räume: Das Dorf in der Schule Die Bibliothek im Erdgeschoß dient einerseits als Erweiterung des Forums, andererseits als Verbindungselement zwischen Sekundarschule und Administrationsgebäude. Sie ist mit großzügigen Fenstern ausgestattet, sowohl nach außen in den Schulhof als auch zum angrenzenden Bildungsraum. Der Haupteingang im Erdgeschoß der Schule wird mit der angrenzenden Turnhalle geteilt, die neben ihrer Funktion für Sportaktivitäten sowohl als Mehrzweckraum als auch für außerschulische Aktivitäten der Gemeinde genutzt wird. Hier finden Versammlungen und Elternabende genauso wie informelle Zusammenkünfte außerhalb des regulären Schulbetriebes statt. Die zentralen Garderoben befinden sich in den Eingangsbereichen des jeweiligen Stockwerks.

Fotos und Videos (c) Wolfgang Thaler